Krise im Wald

Die Klimakrise ist in den Wäldern angekommen. Die Aneinanderreihung von trockenen Sommern seit 2018, die vorangegangenen Stürme und die Folgeschäden mit einer Vielzahl von Schädlingen und Krankheiten haben dem Wald in Deutschland zugesetzt. Ein einzelnes Extremwetterereignis würde der Wald verkraften, eine ganze Kette jedoch aus Stürmen, Dürre, Insektenkalamitäten und Waldbränden hat zu einer Jahrhundertkatastrophe in den Wäldern geführt.
Betroffen sind alle Baumarten, Nadel- wie Laubbäume gleichermaßen. Jede Baumart hat ihren Schädling: Borkenkäfer und Nonnenspinner setzen Fichten und Kiefern zu. Buchen und Erlen leiden unter einem Pilzbefall, die Eiche unter dem Eichenprozessionsspinner, der schwere gesundheitliche Folgen auch für den Menschen haben kann. Mittlerweile sind die Schäden an den Bäumen auch für den Laien nicht mehr zu übersehen. Kahlflächen, vertrocknete Bäume und Jungpflanzen, abgebrochene Bäume und Äste gehören in Deutschland zum Waldbild dazu.

250 Millionen Festmeter Schadholz

Die Schäden sind enorm: Für die Jahre 2018 bis 2022 liegt die Schadholzmenge bei fast 250 Millionen Festmeter. Die wiederaufzuforstenden Schadflächen haben eine Größe von rund 450.000 Hektar. Die AGDW rechnet mit einem Anstieg dieser Schadensbilanz.

Für die privaten, kommunalen und körperschaftlichen Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer, die rund 67 Prozent der Waldfläche in Deutschland bewirtschaften, sind die Auswirkungen gravierend: Menschen, die sich ihren Wäldern verbunden fühlen und diese vielleicht seit Generationen pflegen und bewirtschaften, müssen erleben, wie Teile ihrer Wälder in wenigen Monaten zerstört sind. Familienforstbetriebe sind aufgrund eines zunehmend volatilen Holzmarkts in ihrer Existenz bedroht. Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern fehlt zunehmend die Liquidität, um nicht nur die schweren Schäden zu beseitigen, sondern in die Wiederbewaldung zu investieren.

Nicht nur die naturale Situation im Wald ist überaus schwierig, auch der monetäre Schaden ist enorm: Der bundesweite Gesamtschaden in der Forstwirtschaft beläuft sich für die Jahre 2018 bis 2021 auf rund 15 Milliarden Euro.

AKTUELLE SCHÄDEN DURCH STÜRME, DÜRRE, SCHÄDLINGE

Seit dem ersten Dürresommer in 2018 ist der Wald aufgrund wiederholter Sturmereignisse, anhaltender und wiederkehrender Trockenheit sowie Schädlingsbefall und Waldbränden in einem alarmierenden Zustand. Die Dürre hat in vielen Teilen Deutschlands zu einer hohen Waldbrandgefahr geführt, viele Wälder sind immer wieder von großflächigem Schädlingsbefall betroffen, Jungpflanzen vertrocknen. Die Herausforderung liegt in der zügigen Wiederbewaldung der Kahlflächen und dem vor dem Hintergrund der Klimakrise notwendigen Umbau der Flächen in klimaresiliente Wälder. Der Umfang der umzubauenden Waldflächen wird auf fast 3 Mio. Hektar geschätzt. Der Finanzbedarf liegt in den nächsten 30 Jahren bei bis zu 43 Mrd. Euro. Die Wiederbewaldung und der Umbau dieser großen Waldflächen wird nur mit angepassten Schalenwildbeständen auf einem waldverträglichen Niveau möglich sein. Prioritäres Ziel muss es sein, das Eigentumsrecht der Grundeigentümerinnen und -eigentümer gegenüber dem Jagdausübungsrecht der Jagdpächterinnen und -pächter zu stärken.

Waldbrände

Im Waldbrandsommer 2022 sind allein in Deutschland fast 4300 Hektar Wald bei Großbränden von mehr als 30 Hektar verbrannt. Die verbrannte Fläche liegt damit bei mehr als dem Fünffachen des jährlichen Durchschnittswerts von knapp 776 Hektar (seit 1991). Im bisherigen Rekordjahr 2019 brannten 2711 Hektar Wald ab. Der Schaden erreichte 2022 nach Berechnungen der AGDW mit 30 bis 40 Millionen Euro (reiner Holzschaden) ebenfalls einen Rekordwert. Der Gesamtschaden für Gesundheit (z.B. Feinstaub), Natur (z.B. Klima) und Wirtschaft (z.B. Tourismus) dürfte bei deutlich mehr als 600 Millionen Euro liegen. Laut einer Studie der UN wird die Zahl der jährlichen Waldbrände weltweit schon bis 2030 um 14 Prozent zunehmen, bis 2050 sogar um 30 Prozent.

Schädlinge

Ausgehend von einer Vorschwächung durch Sturmereignisse im Winter und Frühjahr werden die Wälder in den trockenen und heißen Sommern zusätzlich durch Schädlingsbefall gestresst. Die veränderten Klimabedingungen sorgen in diesen Sommern für eine Massenvermehrung der Insekten (insbesondere Borkenkäfer). Die Trockenheit führt zu einem verringerten Harzfluss bei Nadelbäumen, mit dem sich der Baum normalerweise gegen den Borkenkäfer wehrt. In vielen Wäldern hat im Frühjahr 2020 die rasante Vermehrung von Schädlingen begonnen. Alle Baumarten sind betroffen, Nadel- und Laubbäume gleichermaßen. In Bayern etwa setzt der Schwammspinner Eichen- und Buchenwäldern zu und sorgt für Kahlfraß (siehe Fotos 1+2), in Nordrhein-Westfalen (Foto 3) und Niedersachsen hat die Verbreitung von Borkenkäfer & Co. Begonnen Aber nicht nur Nadelbäume sind durch Borkenkäfer und die Nonne, ein Nachtfalter, dessen Raupen in Fichten- und Kieferwäldern fressen, betroffen. Auch Laubbäume sind bspw. durch den Eichenprozessionsspinner, den Laubholzbockkäfer oder einen zum Eschentriebsterben führenden Pilzbefall betroffen.