Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse befürchten Überbürokratisierung durch EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten – „Bärendienst“ für klimaresilienten Waldumbau befürchtet

Auf dem Bundeskongress Forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse (FWZ) in Berlin haben zahlreiche Vertreter des Privatwaldes und der FWZ vor einer Überbürokratisierung durch die EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR) gewarnt. „Die Bundesregierung sollte alles tun, um die nun leider notwendige Umsetzung für den Privatwald und die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse kleiner und mittlerer Waldeigentümer so einfach und unbürokratisch wie möglich zu gestalteten“, forderte Prof. Andreas Bitter, Präsident des Verbandes AGDW – Die Waldeigentümer. Auf die rund 2 Millionen deutschen Privatwaldbesitzer kämen sonst nicht zu schulternde Dokumentationspflichten zu, die in der Konsequenz eine nachhaltige Waldbewirtschaftung in vielen Fällen uninteressant machten. „Dadurch würden wir dem notwendigen klimaresilienten Waldumbau einen Bärendienst erweisen“, so Bitter.

Laut EU-Vorgaben sollen ab Ende 2024 alle Forstbetriebe ihre verkauften Holzmengen mit den Geokoordinaten des Grundstücks, auf dem das Holz geerntet wurde, der Holzmenge und -art sowie dem Produktionszeitraum an ein EU-Informationsportal melden und eine entsprechende Sorgfaltserklärung abgeben. Sie erhalten dann eine Referenznummer, die an den Käufer zu übermitteln ist. „Viele dieser Daten sind im Kleinprivatwald gar nicht vorhanden“, sagte Volker Schulte, Vorsitzender des Initiativkreis Forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse (IK) innerhalb der AGDW. Schulte: „Nach den aktuellen Aussagen sollen womöglich auch die privaten Waldeigentümer ihrer Meldung einen Grundbuchauszug hinzufügen.“

„Die EU-Regulierung ist ein bürokratisches Monstrum, das für Deutschland völlig überflüssig ist“, sagte AGDW-Präsident Bitter. „Durch die bewährte nachhaltige Waldbewirtschaftung, Bundes- und Landeswaldgesetze und Zertifizierung existieren bereits seit langer Zeit normative, rechtliche und freiwillige Regelungen, die eine Entwaldung und Waldschädigung in Deutschland wirkungsstark verhindern.“ In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben Waldfläche und Holzvorrat in Deutschland kontinuierlich zugenommen. Die Verordnung adressiere ein Scheinproblem, das in der Umsetzung für erheblichen bürokratischen und ökonomischen Aufwand zu sorgen drohe, insbesondere im Kleinprivatwald und für die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse, so Bitter.
Auf dem am 20. und 21. September 2023 stattfindenden Bundeskongress Forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse (FWZ) in Berlin trafen sich rund 150 Vertreterinnen und Vertreter des Kleinprivatwaldes im Berliner Umweltforum, um aktuelle forstpolitische Themen zu diskutieren. Der Bundeskongress wird jährlich vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und der AGDW in Zusammenarbeit mit der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) organisiert.

Hintergrund

Die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten ist am 29. Juni 2023 offiziell in Kraft getreten. Die Frist zur Einführung des entsprechenden Instrumentariums zur Einhaltung der Verordnung endet nach 18 Monaten, d.h. zum 30.12.2024. Mit der EUDR will die EU ihren Beitrag zur Entwaldung (Umwandlung von Wald in landwirtschaftliche Flächen) und zur Waldschädigung (Umwandlung von entweder Primärwäldern oder sich natürlich verjüngenden Wäldern in Plantagenwälder oder in sonstige bewaldete Flächen oder Umwandlung von Primärwäldern in durch Pflanzung entstandene Wälder) verringern. Die Verordnung gilt allerdings nicht nur für Holz aus den Tropen bzw. Subtropen (wo das Problem von Entwaldung und Waldschädigung in der Tat erheblich ist), sondern mit Verweis auf die notwendige WTO-Konformität europäischer Rechtssetzung auch für Holz, dass in der EU geerntet und in den Verkehr gebracht wird und damit für Holz aus Deutschland.
Waldbesitzer dürfen künftig bestimmte Produkte und Rohstoffe nur dann in der EU verkaufen und exportieren, wenn sie eine sogenannte Sorgfaltserklärung abgegeben haben, die bestätigt, dass das jeweilige Produkt weder von einer Fläche stammt, die nach dem 31.12.2020 entwaldet wurde, noch nach dem 31.12.2020 zur Schädigung von Wäldern, insbesondere von Primärwäldern geführt hat. Das EU-Parlament sorgte für eine umfassendere Definition der Entwaldung und der Waldschädigung. Die Unternehmen müssen auch nachweisen, dass diese Produkte den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes entsprechen.