In hochkarätigen Vorträgen und Podiumsdiskussionen wurde zusammen mit rund 150 Teilnehmenden die Rolle der EU in der Waldpolitik diskutiert, insbesondere die zunehmenden europäischen Eingriffe, die sich mit dem Green Deal seit 2019 verstärkt haben.
Wo verlaufen die Grundlinien der EU-Politik und welche Weichenstellungen sind in Brüssel zukünftig zu erwarten? Damit beschäftigte sich das erste Podium unseres Waldsymposiums „Europa nach der Wahl: EU-Waldpolitik neu ausrichten.“
Dr. Peter Hefele vom Wilfried Martens Centre for European Studies mahnte: „Wir müssen ernsthaft in eine Diskussion gehen, wofür Europa zuständig ist.“ Der Brüsseler Experte sieht hier neben der EU-Kommission das Europaparlament am Zug. Zugleich rechnet Hefele damit, dass die politische Grundrichtung der wirtschaftlichen Transformation bestehen bleibt.
AGDW-Präsident Prof. Dr. Andreas Bitter betont den Stellenwert der Subsidiarität. „Europa ist ein Friedensprojekt“, sagt der AGDW-Präsident und unterstreicht die Bedeutung des gemeinsamen Marktes für fairen Wettbewerb als Grundlage für Wohlstand in Europa. Über die Ziele sei man sich weitgehend einig. Doch müsse man feststellen, dass Europa auf dem Weg ist, in ein Mikromanagement abzudriften.
Prof. Dr. Georg Winkel von der Universität Wageningen gab den Impuls in der Session „Europäische Forstwirtschaft in der Regulierungszange“. Als wichtige Größen in der politischen Diskussion nannte Winkel den Kampf gegen und die Anpassung an den Klimawandel, den Erhalt von Biodiversität und die Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaft. Als Aufgabe für die EU-Waldpolitik sieht er den Ausgleich verschiedener Interessen am Wald. (Präsentation: Waldsymposium2024_Winkel_Europäische Forstwirtschaft)
Am konkreten Beispiel der Biodiversitätspolitik ging Prof. em. Dr. Michael Suda von der Technischen Universität München der Frage nach, wie Freiwilligkeit, Kooperation und Anreize gestärkt werden können, um die allgemein anerkannten Ziele im Naturschutz zu erreichen. „Es ist an der Zeit, die Vielfalt der Eigentümer nicht als Problem, sondern als Chance zu begreifen. Wenn wir nach brauchbaren Lösungen suchen, sollten wir Experimente zulassen, und dafür sind Freiheitsgrade die Voraussetzung“, betonte Suda in seinem Impuls zur Session „Europäische Biodiversitätspolitik: Pluralität und Subsidiarität statt Dirigismus mit untauglichen Leitbildern“. (Präsentation: Waldsymposium2024_Suda_Europäische Biodiversitätspolitik)
Ein weiteres zentrales Thema war auch der geplante EU-Rechtsrahmen für Kohlenstoff-Zertifikate. Prof. Dr. Michael Köhl von der Universität Hamburg erläuterte, dass bis 2026 ein System zur Zertifizierung von Kohlenstoffentnahmen etabliert werden soll, das den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern Klarheit über die Voraussetzungen zur Generierung von CO2-Zertifikaten verschaffen wird. (Präsentation: Waldsymposium2024_Köhl_CRCF)
Abschließend forderte der AGDW-Präsident ein Umdenken in Brüssel, um die durch neue EU-Regelungen geschaffenen Belastungen zu reduzieren und mehr Flexibilität in der Waldpolitik zu gewährleisten.
„Das neu gewählte Europaparlament und die demnächst antretende neue EU-Kommission haben als Erbe aus dem Green Deal eine Reihe umweltpolitischer Projekte auf dem Tisch, bei denen dringend umgedacht werden muss“, unterstrich Bitter.