Gemeinsame Pressemitteilung
AGDW und Familienbetriebe Land und Forst warnen in gemeinsamer Stellungnahme zur Wiederherstellungs-Verordnung vor Verletzung von Eigentumsrechten und fordern Einbeziehung von Ländern und Kommunen
Mit der geplanten Umsetzung der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur (W-VO) verletzt Deutschland elementare Rechte von Flächeneigentümern, Ländern und Kommunen. Davor warnen AGDW – Die Waldeigentümer und die Familienbetriebe Land und Forst in ihrer gemeinsam vorgelegten Stellungnahme zum deutschen W-VO-Durchführungsgesetz.
Die beiden Verbände zeigen eklatante Mängel des innerhalb der Bundesregierung nicht abgestimmten Referentenentwurfs des Bundesumweltministeriums auf. Da Zuständigkeiten der Bundesländer im Natur- und Landschaftsschutz ebenso wie die Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen missachtet werden, verletzt der Entwurf nach Auffassung der Verbände die nationale Kompetenzordnung. „Die EU-Wiederherstellungsverordnung sieht ausdrücklich Transparenz und Einbindung der relevanten Interessenträger bei der Erarbeitung des nationalen Wiederherstellungsplans vor. Dafür braucht es umfassende und ganzheitliche Beteiligungsverfahren auf regionaler Ebene – insbesondere der Eigentümer der Flächen, auf denen etwaige Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Eine umfängliche Beteiligung der Akteure vor Ort ist Voraussetzung für die Akzeptanz“, mahnt Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst.
Statische Referenzen in der Wiederherstellungsverordnung
Die Gefährdung von Grundrechten findet vor dem Hintergrund eines verfehlten fachlichen und politischen Ansatzes der W-VO statt. Diese verfolgt das Ziel, historische Nutzungsformen und Naturzustände wiederherstellen zu wollen, obwohl sich die Standorte von Baum- und weiteren Pflanzenarten sowie der zugehörigen Lebensräume im Zuge der Klimakrise verlagern (Standortsdrift). „Während die Ökosysteme durch die Folgen der Erderwärmung einem massiven Wandel unterliegen, wird in der W-VO mit ihren statischen Referenzen das realitätsferne Idyll eines stabilen Zustands unserer Umwelt unterstellt. Das ist fachlich nicht haltbar. Daher benötigt die W-VO dringend einen Reality-Check in Brüssel und Berlin“, erklärt AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter.
Als Täuschungsmanöver zu Lasten von Steuerzahlern und Flächeneigentümern werten AGDW und Familienbetriebe Land und Forst die im Referentenentwurf fehlenden Angaben zu den mit der W-VO verbundenen Kosten. Denn laut einer Schätzung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft LANA ist allein für die Umsetzung von Artikel 4 und 5 der W-VO ein jährlicher Aufwand von 2,25 Mrd. Euro zu veranschlagen. „Die immensen Umsetzungskosten der W-VO gehören auf den Tisch. Im Umweltschutz wie auch auf anderen Politikfeldern benötigen wir Effizienz und Transparenz statt Vernebelungstaktik. Andernfalls gefährden wir das Vertrauen in den demokratischen Willensbildungsprozess – sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene “, so Bitter und Elverfeldt.
Drohende Verdopplung von Naturschutzauflagen
Bei der W-VO wird ein solcher Akzeptanzverlust auch durch eine drohende Verdopplung von Naturschutzauflagen riskiert. So bleibt bislang völlig unklar, in welchem Verhältnis bestehende, Schutzgebiete, die im Zuge der umstrittenen FFH-Richtlinie mit der Vorgabe des Verschlechterungsverbots entstanden, zu zukünftigen „Wiederherstellungsflächen“ und ihrem Verbesserungsgebot stehen sollen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die jeweiligen Flächenkulissen teilweise überschneiden dürften. „Mit der Umsetzung der W-VO ist Deutschland auf bestem Wege, in eine umweltpolitische Parallelwelt abzudriften“, warnen Elverfeldt und Bitter.
Die Bedenken der Verbände gegenüber der W-VO werden in weiten Kreisen der Politik geteilt. So setzen sich die unionsgeführten Bundesländer dafür ein, die W-VO auf EU-Ebene zu überarbeiten und nach der Sommerpause in das nächste Paket zur Änderung von EU-Gesetzgebung (sogenannter Omnibus) einzubringen. Auch aus dem Europaparlament wird diese Forderung erhoben. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD Erleichterungen bei der W-VO in Aussicht gestellt und Praxistauglichkeit angekündigt.
Foto: Kulturlandschaft in Deutschland. Bildquelle: Dr. Borchers